Schlafapnoe

Das Schlafapnoe-Syndrom ist ein Beschwerdebild, das in der Regel durch Atemstillstände (Apnoen) während des Schlafs verursacht wird und in erster Linie durch eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit bis hin zum Einschlafzwang (Sekundenschlaf) sowie eine Reihe weiterer Symptome und Folgeerkrankungen gekennzeichnet ist.

Die Atemstillstände führen zu einer Sauerstoff-Unterversorgung und zu wiederholten Aufweckreaktionen (als automatische Alarmreaktion des Körpers), die jedoch meist von den Betroffenen nicht bewusst wahrgenommen werden. Folge der Aufweckreaktionen ist ein nicht erholsamer Schlaf, was wiederum zu der typischen ausgeprägten Tagesmüdigkeit führt. Das Schlafapnoe-Syndrom zählt zu den Dyssomnien, somit den medizinisch bedeutsamen Schlafstörungen.


Formen und Ursachen

Man unterscheidet obstruktive, zentrale und gemischte Apnoesyndrome. Die zentrale Apnoe ist selten: Durch Schäden im zentralen Nervensystem (ZNS) wird die Atemmuskulatur unzureichend gesteuert.

Die weitaus häufigste Form ist das obstruktive und gemischte Schlaf-Apnoesyndrom (OSAS). Dieses entsteht durch eine Behinderung (Obstruktion) der Atemwege mit oder ohne gleichzeitige Erkrankung des zentralen Nervensystems. Es kann diagnostiziert werden, wenn Apnoephasen, starkes Schnarchen und insbesondere deren Symptome und Folgeerkrankungen bestehen. Schnarchen allein und auch gelegentliche kurze Atmungsaussetzer sind nicht gesundheitsschädlich. In Deutschland sind 1-2 % der Frauen und 2-4 % der Männer im mittleren Lebensalter vom OSAS betroffen, also etwa 800.000 Menschen.

Es kommt beim OSAS während des Schlafs zu Atemstillständen unterschiedlicher Dauer, krankhafte Atemstillstände sind aber länger als zehn Sekunden, wodurch der Sauerstoffgehalt des Blutes abfällt (Hypoxämie). Dies führt zu einer Mangelversorgung des Gewebes und als Folge davon kommt es zu einer kurzfristigen Weckreaktion des Körpers („micro-arousal“), durch die die Atmung wieder einsetzt. Meist bemerkt der Patient dies nicht bewusst. Die physiologische Struktur des Schlafs wird zerstört und die Erholungsfunktion behindert.

Die Ursachen des OSAS können zum Beispiel sein:
  • Adipositas (Übergewicht)
  • Eventuell zusätzlich auch eine Behinderung der Nasenatmung durch Polypen oder Nasenscheidewandverkrümmung
  • Konstitutionelle Erschlaffung der Rachenmuskulatur, Veranlagung
  • Alkoholkonsum abends, Schlafmittel
  • Dolichofazialer Gesichtstyp (das heißt im Fernröntgenseitenbild eines Erwachsenen erkennt man, dass der Unterkieferwinkel groß ist). Dadurch liegt die pharyngeale Muskulatur weit an der Rachenhinterwand, das Lumen ist verengt.
  • angeborene Fehlbildungen und Fehlstellungen des Unterkiefers (Pierre-Robin-Sequenz, Goldenhar-Syndrom)

Symptome

Die Angehörigen von OSAS-Patienten berichten meist über lautes Schnarchen, unterbrochen durch sekundenlange Atempausen, welche mit einem heftigen seufzenden Atemzug oder Schnarchlaut beendet werden. Längst nicht jeder Schnarcher hat aber ein OSAS und nicht jeder OSAS-Patient fällt tatsächlich durch Schnarchen auf.

Weitere Symptome des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms sind:
  • Apnoe von Sekunden- bis Minutendauer
  • Durchschlafstörungen
  • Tagesmüdigkeit, Einschlafstörungen
  • Kopfschmerzen beim Erwachen ("wie gerädert")
  • Schwindel, vor allem nach dem Aufstehen
  • Nächtliches Schwitzen
  • Sekundenschlafattacken
  • Konzentrationsstörungen bis hin zu Gedächtnisstörungen
  • Depressive Verstimmung
  • Impotenz

Folgen

Als Folge eines unbehandelten OSAS treten weitere chronische Gesundheitsstörungen auf, nämlich weit häufiger als beim nicht betroffenen Altersdurchschnitt Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkte sowie Schlaganfälle. Beschrieben sind auch Depressionen und das gehäufte Auftreten von Stress-Erkrankungen wie Magengeschwür, Tinnitus und Hörsturz. Diabetes mellitus, Typ 2 wird seit Anfang 2002 immer häufiger in Zusammenhang mit dem OSAS gebracht. Es besteht ein linearer Zusammenhang zwischen dem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) und der Insulin-Resistenz. Der Blutzucker ist also um so höher, je mehr Atempausen pro Stunde Schlaf auftreten. Nach einer eingeleiteten n-CPAP-Therapie kann die nächtliche Zuckerneubildung (Gluconeogenese) deutlich vermindert werden und die morgendlichen Blutzucker-Werte sinken. Patienten, deren OSAS durch Behandlung reduziert wurde, berichten von reduzierten Migräneanfällen.

In letzter Zeit wird zunehmend darauf hingewiesen, dass ein Schlafapnoepatient, der müde oder krankhaft unkonzentriert ist, kein Fahrzeug führen darf. Je nach Rechtslage kann sogar Strafbarkeit bestehen. Möglicherweise sind viele schwere Verkehrsunfälle auf eine unbehandelte Schlafapnoe zurückzuführen. Deswegen werden Früherkennunguntersuchungen für Berufskraftfahrer gefordert.


Diagnose

Die Diagnose ergibt sich fast immer aus der Vorgeschichte, den Angaben zur Schlafhygiene, der Untersuchung beim Hausarzt und einer ambulanten Untersuchung bei dafür ausgebildeten und ausgerüsteten Fachärzten (Pneumologen), (Arbeitsmedizinern) oder eventuell auch HNO-Ärzten- (sog. Nicht-Labor-Monitoring).

Die Diagnose mit solchen Nicht-Labor-Monitoring-Systemen (NLMS) erfolgt durch Aufzeichnung von Atemgeräuschen und Sauerstoffsättigung im Blut mittels Pulsoxymeters, Körperbewegungen und weiteren Parametern (cardiorespiratorische Polygraphie) während des Schlafes zu Hause beim Patienten. Es sind verschiedene, kompakte Geräte hierfür am Markt verfügbar. Im positiven Fall sollten mindestens zehn Apnoephasen über 10 Sekunden Dauer (pathologischer Schlafapnoe-Index) mit dem charakteristischen episodischen Abfall der Sauerstoffsättigung des Blutes sichtbar sein.

In unklaren Fällen oder im Rahmen von wissenschaftlichen Studien kann eine aufwändigere Polysomnographie im Schlaflabor durchgeführt werden. Dort werden neben Sauerstoffsättigung, Atembewegungen und Atemgeräuschen auch eine Elektroenzephalographie (EEG), eine Elektrookulographie (EOG) und eine Elektromyographie im Bereich der Kinnmuskulatur und der Beinmuskulatur aufgezeichnet, ferner ein EKG und der Blutdruckverlauf. Bei der kardiorespiratorischen Polysomnographie werden zudem auch thorakale und abdominelle Atemexkursionen, der nasale und orale Luftfluss und in einigen Fällen auch intrathorakale Druckschwankungen fortlaufend registriert. Neben der Verschlechterung der Sauerstoffsättigung zeigt sich besonders im EEG die Schlaffragmentierung, wobei Tiefschlafphasen und Traumschlafphasen reduziert werden ( bedingt durch die Weckreaktionen aufgrund Sauerstoffmangels ).


Behandlung

Als Behandlung werden je nach Schwere und Ursache verschiedene Methoden empfohlen, wie Gewichtsreduktion, Verzicht auf Alkohol oder eventuell eine operative Behandlung von Atemwegsbehinderungen. Auch eine Stärkung der Muskulatur der Mundes und des Halses bewirken eine Verbesserung; es gibt positive Berichte über den Effekt von regelmäßigem Musizieren mit Blasinstrumenten, insbesondere mit einem Didgeridoo.

Die weltweit als Goldstandard anerkannte und am besten dokumentierte Therapie der OSAS ist die CPAP-Therapie mittels CPAP-Atemtherapiegeräten. (Continuous Positive Airway Pressure). Diese Geräte haben ein meist leises Gebläse, welches über einen Schlauch mit einer nCPAP-Maske verbunden ist, die mittels Kopfbändern um die Nase (oder auch seltener den Mund) auf das Gesicht gedrückt wird. Mit Hilfe dieser Masken wird während der Schlafzeit in den Atemwegen ein leichter Überdruck von z. B. 8 cm H2O erzeugt und somit die Apnoe und das Schnarchen verhindert. Man spricht bei dieser Therapie auch von der „pneumatischen Schienung“ der oberen Atemwege. Es gibt verschiedene Arten solcher Masken. Man unterscheidet zwischen "Direct-Nasal", "Oral", "Nasal" und "Vollgesichts-Masken". Nach einer Eingewöhnungsphase berichten die meisten Anwender über eine deutlich bessere Schlafqualität und Rückgang bzw. Verschwinden der OSAS-Symptome. In der Regel muss die Therapie lebenslang angewendet werden. Das Absetzen der Therapie kann zur Folge haben, dass die Symptome wieder auftreten. Der Schlaf wird erholsam, wenn man die Therapie regelmäßig und konstant durchführt. Manchmal ist bei Austrocknen der Nasenschleimhaut die Verordnung eines Warmbefeuchters für die Atemluft erforderlich. Die CPAP-Geräte können im Schlaflabor auf den individuell notwendigen Beatmungsdruck eingestellt werden. Der Druck kann in Schlaflaboren überprüft und angepasst werden, da dieser sich im Laufe der Therapie verändern kann. Ursache für eine Druckveränderung ist die Gewichtsabnahme des Patienten. Auch ambulante Einstellungen und Überprüfungen sind möglich. Die Krankenkassen verlangen in letzter Zeit häufig einen Nutzungsnachweis von mehr als 4 Stunden pro Nacht, wenn sie die Behandlung weiter bezahlen sollen.

Operationen sind in ausgewählten Fällen möglich, so bei Patienten, bei denen eine Gebissanomalie wie eine Unterkieferrücklage (Retrognathie) oder ein dolichofazialer Gesichtstyp (ein nach unten hinten verlagertes Gesichtswachstum) vorliegen. In letzter Zeit werden auch operative Verlagerungen des Zungenbeins zur Therapie der OSAS durchgeführt. Diese operativen Korrekturen werden nur von entsprechend spezialisierten Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen durchgeführt. HNO-Ärzte bieten weitere Verfahren an. Zahlreiche Firmen bieten auch „Anti-Schnarch-Masken“, Nasenklammern, elektrische Warngeräte, Meditationskurse, Magnetfeldmatten, aetherische Öle usw. zur Eigenbehandlung an. Diese Produkte und Methoden haben bisher keine nachgewiesene Wirksamkeit, stören allerdings den Nachtschlaf unnötig zusätzlich. Ausserdem verhindern oder verzögern sie den Beginn einer wirksamen Behandlung der Schlafapnoe.

In leichten und mittelschweren Fällen von obstruktiver Schlafpnoe hat die intra-orale Protrusionsschiene ihre Wirksamkeit nachweisen können. In den USA wurde sie im Februar 2006 für folgende Indikation definiert: leichte bis moderate Schlafapnoe (hier soll sich der Patient zwischen CPAP und Schiene selbst entscheiden) und CPAP-Intoleranz bei schwerer Schlafapnoe. Wichtig: die Schienen sollen nur von darauf spezialisierten Zahnmedizinern angefertigt werden. Fachverband: Deutsche Gesellschaft Zahnärztliche Schlafmedizin, www.dgzs.de.

Bei unter CPAP-Beatmung weiter bestehender Tagesschläfrigkeit wird inzwischen ein Medikament mit zentraler Wirksamkeit eingesetzt.